Bericht von der Veranstaltung „Mehr Mitbestimmung unter 18“ der AsF und der Jusos
Eine ausgiebige und erfolgreiche Veranstaltung war es, die die Jusos und die AsF da auf die Beine gestellt haben. Zu einer Diskussionsrunde, in der die Probleme konkret angesprochen und nicht, wie so oft, unter den Tisch gekehrt worden sind, fand man sich am 17.10. um 20:00 Uhr im Gruppenraum 4 im E-Werk ein. Das Thema: Mitbestimmung unter 18.
Den Anfang machten zwei Impulsreferate von Philipp Dees und Jörn Peter. Sie stellten zum einen das System „SMV“ (Schülermitverantwortung) vor und zwei Vorschläge, die momentan vorrangig diskutiert werden, wenn es um die Frage geht, wie man verstärkt junge Menschen in den demokratischen Prozess einbinden kann: Zum einen gibt es da die Idee, das Wahlalter auf 14 herabzusetzen und zum anderen den Vorschlag, ein Elternwahlrecht (Eltern wählen stellvertretend für ihre Kinder) einzuführen.
Hitzig diskutiert wurde an diesem Abend jedoch nicht nur über die in den beiden Referaten behandelten Themen, sondern auch über ganz grundlegende demokratische Rechte und Werte: Welche demokratischen Rechte hat ein junger Mensch eigentlich und vor allen Dingen welche Möglichkeiten besitzt er, seine Meinung kund zu tun?
Eine Möglichkeit kann bzw. sollte doch die SMV sein, denn immerhin gilt sie als eine Art Sprachrohr der SchülerInnen einer Schule. Ihre MitgliederInnen sind es oft, die ihren Kopf bei höheren schulischen Instanzen für ihre MitschülerInnen hinhalten und so einigen Ärger riskieren. Aber trotz alledem hängt es immer wieder, und das bestätigten einige der Anwesenden, von der Schulleitung ab, ob ein Vorschlag nun genehmigt wird, oder nicht und damit kann ein guter Vorschlag oft nur am mangelnden Wohlwollen scheitern. Auf grundlegende Dinge, wie die Unterrichtsgestaltung o.ä. haben sie oft keinen Einfluss und besonders an bayerischen Schulen kann man beobachten, wie sehr doch SchülerInnen in ihren Rechten zur Mitbestimmung beschnitten werden. Doch es heißt ja bekanntlich auch nur SchülerMITverantwortung und eben nicht Schülerverantwortung.
Doch gleichzeitig mangelt es auch an demokratischer Erziehung in den Schulen selber. Gemeint sind hier zur Abwechslung mal nicht die wenigen Sozialkundenstunden im bayrischen Lehrplan, sondern die Erziehung des Menschen zu einem Demokraten an sich.
Immer stärker wird die Notwendigkeit verpasst, den Jugendlichen zu erklären, was Demokratie eigentlich bedeutet und wie sensibel demokratische Rechte und Werte eigentlich sind und vor allen Dingen: wie leicht man sie verlieren kann.
Braucht man sich bei solchen Verhältnissen, denn eigentlich noch wundern, wenn Jugendliche unter 18 Jahren bereits enttäuscht von der Demokratie an sich sind? Wenn sie sich darunter teilweise nicht ein Mal etwas vorstellen können und daher auch nicht anfangen ihre demokratischen Rechte einzufordern, wenn es nötig ist?
Braucht man sich noch über die niedrige Wahlbeteiligung bei den Jugendparlamentswahlen an Erlanger Schulen wundern? Eigentlich nicht, aber zumindest diskutierte man einige Möglichkeiten an diesem Mittwoch, wie man das JuPa bekannter machen könnte.
Nina Untch, die für das JuPa an der Veranstaltung teilnahm berichtete, dass man zukünftig vor habe, eine Art elektronischen Newsletter einzurichten und außerdem noch „schwarze Bretter“ in den Schulen anzubringen, auf denen die neusten Infos, die das JuPa betreffen, nachgelesen werden können. Sie wollen damit der Tatsache entgegentreten, dass die Stadt nicht stark genug für die Bekanntmachung der JuPa-Beschlüsse sorgt.
Eine Teilnehmerin schlug außerdem noch vor die Schülerzeitungen an den verschiedenen Schulen als Forum zu nutzen.
Ein weiterer Vorschlag, der für eine Anhebung der Wahlbeteiligung sorgen soll, warl der, der vorsah eine Band (die zum Beispiel das Newcomer-Festival gewonnen hat) nach Erlangen zu holen, sollte man eine festgelegte Beteiligungsmarke bei den Jugenparlamentswahlen brechen.
Zwei Foren jugendlicher Stimmen wurden damit zwar schon angesprochen, doch man bewegte sich während der Diskussion, wie bereits erwähnt, auch auf höheren politischen Ebenen. Denn gerade aufgrund des sich bemerkbar machenden demografischen Wandels, der eine unmittelbare Vernachlässigung junger Wähler zur Folge hat, muss über alternative Methoden nachgedacht werden und da kommt eine Idee, die eine Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre vorsieht, wohl genau recht. Obwohl ein junger Mensch im Alter von 14 selber seine Religion festlegen kann, eingeschränkt strafmündig ist und sogar in eine Partei eintreten darf, verwehrt man ihm eines der demokratischsten Rechte überhaupt: das Wahlrecht. Argumente bewegen sich oft in die Richtung einer angeblich vorhersehbaren radikalen Stimmenabgabe; sprich: junge Menschen wählen sowieso nur radikale Parteien in Parlamente. Doch wenn man so argumentiert, dann sollte man im Hinterkopf behalten, dass in zwei Bundesländern Menschen über 18 die NPD in Parlamente gewählt haben und keine 14jährigen. Vielleicht lassen sich durch ein Wahlrecht ab 14 sogar eher solche Ereignisse verhindern. Denn die Politik wäre in so einem Fall gezwungen stärker für eine demokratische Sensibilisierung der Jugendlichen zu sorgen, d.h. Demokratie wäre wieder ein wichtigeres Thema an Schulen. Politiker sähen wieder stärker ihre Aufgabe darin junge Menschen für sich zu gewinnen und somit könnte bei den Jugendlichen wieder stärker das Gefühl eintreten, dass ihre Meinung nicht nur geduldet, sondern auch erwünscht ist.
Ein Vorschlag, wie das „Elternwahlrecht“ würde, nach Meinung der VeranstaltungsteilnehmerInnen wohl eher gegen eine Demokratisierung der Gesellschaft arbeiten und nicht dafür. Denn immerhin sollte man sich im Klaren darüber sein, dass so etwas, wie das Wahlrecht eigentlich nicht übertragbar sein sollte, da jeder Mensch seine eigene politische Meinung vertritt und keine anderer einem diese Entscheidung abnehmen darf. Außerdem stellt sich die Frage, wer dann letztendlich für das Kind wählen geht. Vater oder Mutter? Und ab wann darf das Kind selber wählen? Und vielleicht darf man dieser Stelle auch ein Mal den Gedanken äußern, dass ein derartiger Vorschlag vielleicht nur indirekt eine stärkere Geburtenrate herbeiführen soll; über die Tatsache „Je mehr Kinder ich habe, desto stärker fällt meine politische Meinung ins Gewicht.“ Ob dies nicht eher das Elternwahlrecht an sich in Frage stellt, muss nach Ansicht der teilnehmerInnen ausgiebig diskutiert werden.
Es sind viele Baustellen in unserer „demokratischen“ Gesellschaft, die an diesem Mittwochabend angesprochen worden sind. Dass eine Absenkung des Wahlalters und/oder ein Elternwahlecht keine Allheilmittel sind, war wohl jedem Teilnehmer und jeder Teilnehmerin bewusst. Doch dass man langsam wieder verstärkt anfangen müsste die Beteiligung von Jugendlichen an der Demokratie zu diskutieren, ist eher eine verspätete Feststellung als ein plötzlicher Geistesblitz. Auch wir SozialdemokratInnen müssen uns an dieser Diskussion konstruktiv beteiligen, wenn nicht sogar gerade wir. Denn immerhin waren wir es die das Wahlrecht der Frauen einst gefordert haben und damals haben noch viele, vorwiegend Männer, an der Urteilsfähigkeit einer Frau gezweifelt. Wir sollten uns daher mal überlegen, ob wir Jugendlichen nicht zu wenig Mitsprache an unserer Gesellschaft erlauben. An einer Gesellschaft, die sie irgendwann gestalten sollen; denn eine sture und irgendwo willkürlich gesetzte Altersgrenze, wie 18 Jahre, kann sonst zum Stolperstein jeder demokratischen Errungenschaft werden.
Wenn wir schon als Slogan „Kraft der Erneuerung“ tragen, dann sollten wir auch danach handeln und neuen Vorschlägen eine Chance geben.
Denn der populistische Slogan: „DemokartInnen sind in Deutschland unerwünscht“ kann sonst irgendwann zur Tatsache werden.
Michelle Starck