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Thesenpapier „New Green Deal“

Investitionen in die sozial-ökologische Transformation!

Die Corona-Pandemie bringt durch die gesundheitlichen Einschränkungen eine ökonomisch und sozial folgenreiche Wirtschaftskrise mit sich. Um deren Folgen einzudämmen und die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, ist ein staatliches Konjunkturprogramm notwendig. Unserer Meinung nach muss dieses nicht zuletzt massive staatliche Investitionen beinhalten. Diese dürfen jedoch nicht zur Stärkung von klimaschädlichen, CO2-intensiven Wirtschaftsweisen beitragen, während emissionsreduzierende Maßnahmen mit Verweis auf die Krise zurückgestellt werden. Stattdessen müssen wir die notwendigen Investitionen nutzen, um die Wirtschaft nicht nur in Gang zu bringen, sondern sie gleichzeitig neu auszurichten: und zwar sozial und ökologisch nachhaltig!

Worauf sollten Investitionen im Rahmen eines Corona-Konjunkturprogramms (und auch danach noch) abzielen, um die sozial-ökologische Transformation voranzutreiben? Die folgenden Forderungen stellen eine Ideensammlung ohne Anspruch auf Vollständigkeit dar. Viele Maßnahmen entfalten ihre volle Wirkung auch erst in Kombination mit anderen. Entscheidend für uns ist, dass jetzt der Aufbau einer ökologisch und sozial nachhaltigeren und damit zukunftsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft beginnt und gelingt. Deshalb fordern wir:

…im Bereich Mobilität:

Wir wollen, dass der öffentliche Nah- und Fernverkehr klimafreundlicher, besser ausgebaut wird und jede:r sich ihn leisten kann!

Die Konjunktur lässt sich nicht nur durch Kaufprämien für PKWs ankurbeln. Auch der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs eignet sich dafür: Durch Aufträge für Planungsbüros und Baufirmen, durch neue Jobs im Bahnbetrieb und indem Regionen, die bisher vom Bahnnetz abgehängt sind, aufgewertet werden und so attraktive neue Standorte entstehen können. Durch den Ausbau des ÖPNV wird analog die regionale Wirtschaft belebt.

Eine gute Fahrradinfrastruktur und ein funktionierender öffentlicher Personenverkehr sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig schaffen sie Teilhabe: Für junge und ältere Menschen, die noch nicht oder nicht mehr Auto fahren können und für Menschen mit geringem Einkommen, die sich kein (oder nicht mehrere) Autos leisten können oder wollen. Dabei ist auch klar, dass je nach persönlicher Situation unterschiedliche Mobilitätsformen nötig sind und der Verzicht auf ein Auto teilweise auch ein Privileg ist. Das gilt besonders für schlechter angebundene ländliche Gebiete. Um die Verkehrswende zu verwirklichen, brauchen wir also vielfältige, auf verschiedene Situationen angepasste Mobilitätsalternativen zum (verbrennungsbasierten) motorisierten Individualverkehr!

Förderung von Mobilitäsalternativen im Nahverkehr

  • finanzielle Anreize für Unternehmen bei Bereitstellung von Jobtickets
  • steuerliche Besserstellung von Firmenfahrrädern gegenüber Dienstwagen
  • massive Förderung der Fahrradinfrastruktur und Kaufanreize für Lastenräder für Privatpersonen und Betriebe (oder andere finanzielle Förderungen in verschiedenen Varianten)
  • Förderung der Anschaffung von E-Bikes durch Privatpersonen und Betriebe
  • Entwicklung von staatlich organisierten Mitfahr-Apps o.Ä.
  • Parken und Anwohner:innenparken teurer machen
  • 365-EUR-Ticket für ÖPNV
  • ÖPNV-Kosten für Geringverdienende durch Bund und Land subventionieren bzw. in Härtefällen ganz übernehmen
  • Kommunen die Finanzierung einer besseren Infrastruktur jenseits des MIV ermöglichen: Aufstockung und Erhöhung des KInvFG I (Kommunalinfrastrukturförderungsgesetz I) sowie der GVEG-Mittel (Gemeindeverkehrsmittelfinanzierungsgesetz, Förderung über den Bund)
  • Gründung einer Beteiligungsgesellschaft des Bundes zur Mitfinanzierung von Infrastrukturprojekten, insbesondere in finanziell schwachen Regionen

Förderung von Mobilitätsalternativen im Fernverkehr

  • Förderung der Außerbetriebnahme bestehender Verbrennungsfahrzeuge bei Verzicht auf privates Kraftfahrzeug: eine Mobilitätsprämie, die sich auch auf andere Mobilitätsformen als den MIV bezieht, beispielsweise bei Anschaffung einer Bahncard 50 oder 100
  • Erweiterung des Investitionsprogramms #StarkeSchiene: Reaktivierung stillgelegter Strecken, Erweiterung des Schienennetzes, bessere Anbindung des ländlichen Raums
  • staatliche Hilfen für Fluggesellschaften nur bei maximaler Verlagerung von Inlandsflugverbindungen auf den Schienenverkehr
  • Güterverkehr auf die Schiene unter Verwendung alternativer Antriebe (weg von der Diesellok)

Verkürzung von Arbeitswegen durch bedarfsgerechtes Wohnraumangebot – Die Stat der kurzen Wege

Ein weiterer Beitrag zur Lösung von Mobilitätsprobleme ist die „Stadt der kurzen Wege“: Wenn Menschen dort wohnen können, wo sie arbeiten, reduziert sich das Verkehrsaufkommen vor allem auf längeren Strecken, die bisher oft mit dem Auto zurückgelegt werden müssen. Gleichzeitig steigt damit die Lebensqualität! Verwirklicht wird der erforderliche Wohnraum unter anderem durch staatlich geförderten Wohnungsbau, der auch eine Einflussnahme zugunsten von umweltfreundlicherem und energetisch effizientem Bauen ermöglicht.

  • Intensivierung von gefördertem Wohnungsbau
  • Stadtentwicklung mit dem Ziel, Arbeit und Wohnen näher zusammen zu bringen
  • gemeinwohl-orierentiertes Bauen fördern
  • städtische Wohnungsbauunternehmen wieder als gemeinwohl-orientiert anerkennen

Förderung von Elektromobilität

Ziel einer sozialdemokratischen Klimapolitik ist natürlich, mit einer Verkehrswende weg vom Einpersonenverkehr mit privatem PKW hin zu einer flächendeckenden Nutzung des ÖPNV zu gelangen. Nur durch diese Verkehrswende können die bundesweiten CO2-Emissionen langfristig wirklich nennenswert gesenkt werden. Das lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen umsetzen. Daher sollten auch bei der privaten Nutzung von PKW Anreize geschaffen werden, die Fortbewegung so klimaneutral wie möglich zu gestalten und die Nutzung entsprechender Technologien belohnt werden.

Zudem ist die Autoindustrie als großer Wirtschaftszweig in Deutschland momentan nicht wegzudenken. Wenn die Automobilindustrie schon gefördert wird, dann sollten die Investitionen in alternative, weniger schädliche Antriebsformen gehen. Von diesen ist das Elektroauto momentan die aussichtsreichste.

  • Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos
  • steuerliche Vorteile für Firmenwagen nur noch für E-Autos
  • Förderung der Außerbetriebnahme bestehender Verbrennungsfahrzeuge bei entweder Verzicht oder Umstieg auf Elektrofahrzeug („Mobilitätsprämie“)
  • auf kommunaler Ebene ggf. günstigere Parktickets für E-Autos, mehr Sonderparkplätze

… für die Industrie

Konversionsstrategie für die Automobil- und ihre Zuliefererindustrien

Es ist unvereinbar mit dem Ziel einer sozial-ökologischen Transformation, die Herstellung und den Kauf von PKWs mit hoher CO2-Bilanz weiter zu fördern. Auch für die Automobilindustrie braucht es deshalb eine Konversionsstrategie! Die Veränderungen in der Industrie dürfen jedoch nicht zulasten der dort Beschäftigten gehen. Vielmehr muss die Schaffung langfristig sicherer Arbeitsplätze in einer zukunftsfähigen, umweltfreundlicheren Industrie gelingen. Als erste Schritte dafür sehen wir:

  • Aufbau einer Konversionskommission analog zur Kohlekommission zur Konzeption von: Unterstützung bei der Neuausrichtung der Produktion und Hilfe bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder
  • Förderung von Um- und Weiterbildungsmöglichkeiten in umweltfreundlichen Industrien

Förderung von nachhaltiger Nahrungsmittelerzeugung

  • Kopplung von EU-Subventionen an ökologische und soziale Kriterien anstatt (hauptsächlich) an Fläche

… im Bereich des Energieverbrauchs

Energieeffizienz im öffentlichen Bereich (Bauen, Wohnen und Lernen)

  • intergrierte quartiersbezogene Ansätze bei Maßnahmen zur Gebäudesanierung, koordiniert von öffentlicher Seite
  • allgemeine und insbesondere energetische Sanierung von Schulen v.a. in strukturschwachen Gebeiten
  • Schaffung von Anreizen für klimafreundliches Verhalten der Abnehmer:innen durch die kommunalen Energiebetriebe

Förderung von Energieeffizienz durch private (Um-)Baumaßnahmen

  • „Abwrackprämien“ für Öl- und Gasheizungen zugunsten von Solarthermie, Wärmepumpen (betrieben durch PV- oder Ökostrom) und Anschluss an das Fernwärmenetz

… im Bereich der Energiegewinnung

Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist ein zentraler Bestandteil der sozial-ökologischen Transformation. E-Mobilität und auch der öffentliche Personenverkehr sind vor allem dann klimafreundlich, wenn der dafür notwendige Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Dafür müssen die finanziellen und technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Entscheidend sind für uns dabei die Dezentralität der Stromerzeugung sowie die Einbindung der Bevölkerung vor Ort und deren Beteiligung an entstehenden Gewinnen.

Abschaffung bürokratischer Hürden und Akzeptanzsteigerung durch kommunale und private Beteiligung

  • Abschaffung von statischen Abstandsregelungen & Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
  • Förderung von Beteiligungs- und Verdienstmöglichkeiten für Bürger:innen und Kommunen an regenerativer Energieerzeugung
  • Nutzung kommunaler Energiebetriebe und städtischer Träger zur Vereinfachung der nötigen Flächennutzung und Investitionsmittelbeschaffung, z.B. durch Pacht

Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien

  • Ausbau der Stromnetze
  • Subventionierung und Förderung verschiedener Formen der erneuerbaren Energiegewinnung

… im Bereich der Weiterbildung

Durch umfassende Weiterbildungsangebote wollen wir das notwendige Humankapital für den Aufbau ökologischer Schlüsselindustrien schaffen. Gerade im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sollte ein skalierbares digitales Angebot geschaffen werden, dass beispielsweise Kurzarbeitenden oder Beschäftigten der sich transformierenden Industrien eine kostenfreie und leicht zugängliche Möglichkeit zur persönlichen Weiterbildung bietet.

… im Bereich der Forschung und Entwicklung

Zum Vorantreiben von Innovationen ist eine gezielte Erforschung von Zukunftstechnologien notwendig. Für die sozial-ökologische Transformation braucht es aber auch Forschung in anderen, weniger offensichtlichen Bereichen wie beispielsweise zur Umsetzung und den Konsequenzen technologischer Innovationen im gesellschaftlichen und politischen Kontext.

Förderung von Zukunftstechnologien

  • Forschung zur besseren automatisierten Mülltrennung, um die Recyclingquote zu erhöhen und Downcycling zu verringern
  • Investitionen in Forschung zu alternativen Arten der Energiegewinnung und Antrieben, z.B. das Wasserstoffauto (Wasserstoffmobilität)
  • Weiterentwicklung des Lieferverkehrs (Wasser, Schiene): Elektrifizierung, Wasserstoffloks, o.Ä.
  • Chancen der Digitalisierung für nachhaltige Mobilität, Produktion, Konsum etc. nutzen

Aufwertung von Forschung und Lehre in allen Fachrichtungen

  • finanzielle Aufwertung von (Grundlagen-)Forschung und Lehre
  • mehr Dauerstellen im akademischen Mittelbau