Die Jusos Erlangen begrüßen den Vorstoß der Europäischen Kommission, eine europaweite Richtlinie für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen einzuführen. Das 2018 in Deutschland eingeführte Entgelttransparenzgesetz reicht nicht aus, um den Gender-Pay-Gap von 19 % in Deutschland zu reduzieren und faire Bezahlung unabhängig vom Geschlecht zu gewährleisten.
Der Kreis der betroffenen Unternehmen muss ausgeweitet werden:
Das Entgelttransparenzgesetz greift erst ab einer Belegschaftsgröße von 200 Mitarbeiter:innen. Dies führt dazu, dass bisher nur etwa 32 % der Beschäftigten von dem Recht Gebrauch machen können, Auskunft über die Bezahlung ihrer Kollegen zu erhalten. Aber gerade in den kleinen und mittelständischen Betrieben ist der Unterschied in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen besonders hoch und die Tarifbindung gering. Gerade hier muss angesetzt werden, um Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen abzubauen. Der Entwurf der Europäischen Kommission verschafft Frauen einen Anspruch auf Schadensersatz unabhängig von der Betriebsgröße. Dieser soll rückwirkend gelten und neben entgangenem Lohn auch entgangene Aufstiegschancen umfassen.
Die Verantwortung liegt bei den Unternehmen:
Bisher müssen Frauen in Deutschland selbst beim Unternehmen anfragen, ob die Bezahlung im Vergleich zu ihren Kollegen angemessen ist. Dies schafft unnötige Hürden, z.B. durch Angst vor Stigmatisierung, und so haben bisher auch nur etwa 4% (Stand:2019) der berechtigten Frauen einen entsprechenden Antrag gestellt. Der neue Vorschlag sieht vor, dass Unternehmen ab einer Größe von 250 Mitarbeiter:innen einmal jährlich Zahlen zur Lohnstruktur veröffentlichen müssen, die aufzeigen, wie viel mehr Männer im Vergleich zu Frauen verdienen.
Verstöße müssen sanktioniert werden:
Eine freiwillige Verpflichtung der Unternehmen reicht nicht aus, um die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern abzubauen. Die Politik steht in der Pflicht, über Sanktionen eine faire und gleiche Bezahlung von Männern und Frauen sicherzustellen. Das Entgelttransparenzgesetz sieht keine Sanktionen bei Verstößen vor. Auch die neue Richtlinie der EU-Kommission enthält lediglich einen Appell an die Mitgliedsstaaten, Sanktionen bei der Umsetzung der neuen Richtlinie einzuführen. In vielen Europäischen Mitgliedsstaaten, wie z.B. Schweden, Frankreich und Island sind solche Sanktionen bereits in Kraft und zeigen Wirkung.
Es braucht eine Gesamtstrategie:
Neben der ungleichen Bezahlung in Unternehmen tragen die schlechte Bezahlung in den Pflege- und Erziehungsberufen, sowie der höhere Anteil von Frauen an Teilzeit und Care-Arbeit in der Familie maßgeblich zum Gender-Pay-Gap bei. Darüber hinaus sind Frauen auch häufiger prekär beschäftigt. Daher reicht es nicht aus, gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit sicherzustellen, es braucht eine Gesamtstrategie. Erziehungs- und Pflegeberufe müssen endlich besser und fairer entlohnt werden,unter anderem durch allgemeinverbindliche Tarifverträge für die Pflege, aber auch andere soziale Berufe. Die Aufstiegschancen von Frauen müssen über eine Frauenquote für Führungsposition gewährleistet werden. Nicht zuletzt müssen Anreize geschaffen werden, die Lohnerwerbs- und Care-Arbeit bei Paaren und Familien gerecht zu teilen: Durch die Abschaffung des Ehegattensplittings, den Ausbau kostenloser Betreuungsangebote und einen höheren Pflichtanteil beider bei der Elternzeit.
WSI-Report Nr.45, 2019: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_45_2019.pdf
Vorschlag der Europäischen Kommission: https://ec.europa.eu/info/files/proposal-binding-pay-transparency-measures_en