Im Rahmen einer vom Erlanger Bündnis gegen Studiengebühren organisierten Veranstaltungsreihe referierte am Mittwoch (18.01.) Jonas Lanig, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Nürnberg zum Thema „Ökonomisierung der Bildung“. Die Veranstaltung wurde von der Juso-Hochschulgruppe an der FAU mit vorbereitet.
Schon heute, dies stellte Lanig an den Anfang seines Referats, sei Bildung nicht kostenlos. Ein Schulkind koste die Eltern ca. 1.000 Euro im Jahr für Papier-, Kopier- und Büchergeld, Schulausflüge, Klassenfahrten, Exkursionen und vieles mehr. Im vorschulischen Bereich seien die Einrichtungen immer kostenpflichtig. Bei der Berufsausbildung seien heute schon in vielen Bereichen Gebühren üblich, so für die Meisterschulen, für private Berufsfachschulen, über die unter anderem in den Gesundheitsberufen fast ausschließlich ausgebildet werde. Und auch bei einem Studium vielen Kosten für den Lebensunterhalt, Bücher, Ausbildungsmittel und vieles mehr heute schon an.
Gleichzeitig werde aber die Privatisierung von Bildung, die Verlagerung von Kosten vom Staat weg hin zu den Eltern bzw. den SchülerInnen/Auszubildenden/Studierenden immer weiter betrieben. Es komme zu „pädagogischem Outsourcing“. In der Kinderbetreuung werde das „Netz für Kinder“ gefördert, in dem Familien untereinander auf die eigenen Kinder aufpassten, statt dass diese in staatliche Einrichtungen geschickt würden. Bei der Mittagsbetreuung werde auf private Unternehmen oder die Eltern gesetzt statt auf PädagogInnen. Eltern würden teilweise bereits als Ersatz für kranke LehrerInnen in den Schulen arbeiten. Und nicht zuletzt gehe der Staat selbstverständlich davon aus, dass Eltern im „Nachhilfestudio Mama“ den Stoff mit ihren Kindern nacharbeiteten, den der Lehrer oder die Lehrerin vormittags in der Schule nicht geschafft habe zu vermitteln. Oder es müsse eben private Nachhilfe auf dem freien Markt gekauft werden; die Schule aber habe nicht mehr den unbedingten Auftrag, dass jede ihrer Schülerinnen/jeder ihrer Schüler den Stoff durch Lehrerinnen und Lehrer ausreichend vermittelt bekomme. Dieses „Outsourcing“ führe zu einer Entprofessionalisierung pädagogischer Arbeit. Viel werde nicht mehr von Fachkräften erledigt, sondern von nicht speziell ausgebildeten ehrenamtlich tätigen Eltern oder privaten MitarbeiterInnen, denen aber auch häufig die pädagogische Qualifikation fehle.
Gleichzeitig verändere Ökonomisierung aber auch die Bildung selbst. Schulen würden teilweise – z.B. in Bremen und Hamburg – schon als kommunale GmbHs unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt. Zwischen den Schulen komme es zunehmend zu einem Wettbewerb darum, welche Schule den SchülerInnen am meisten biete; die Politik fördere dies durch zunehmende Aufhebung der Sprengelgrenzen. Damit komme es zwar einerseits dazu, dass sich Schulen Gedanken um die Qualität ihrer Arbeit machten, andererseits würden aber Schulen zunehmend auch nur noch aus SchülerInnen einer gesellschaftlichen Gruppe bestehen, weil es zu stadtweiten Wanderungsbewegungen komme. Damit gebe es dann in der Folge Schulen, an denen – wie in Hessen geschehen – die Eltern 3 Millionen Euro für eine neue Turnhalle sammeln oder andere Dinge „sponsorn“ könnten, auf der anderen Seite aber die Schulen, die keine solventen Eltern hätten und damit im „Wettbewerb“ zurückfielen.
Dritter relevanter Punkt der Ökonomisierung sei, dass die Wirtschaft zunehmend in der Bildung mitmische. In Nordrhein-Westfalen sei die Bertelsmann-Stiftung in zwei Schulbezirken für die Erprobung von Lernsoftware zuständig. Wirtschaftsverbände seien bei der Erstellung von Lehrplänen beteiligt, weite Teile der Lehrerfortbildung würden von Unternehmen organisiert, die Evaluation von Schulen werde häufig an UnternehmerInnen übertragen. Unternehmen engagierten sich aber nicht aus Gemeinwohlinteressen, sondern mit dem Zweck, Vorteile zu erlangen. Hier müsse die Politik daher steuernd eingreifen.